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Das ÖSZ im Interview mit Omar Khir Alanam

Rijana Tresnjic (ÖSZ):
Was würdest du über dich erzählen, wenn du dich in nur fünf Sätzen vorstellen müsstest?

Omar Khir Alanam:
Ich bin Omar. Ein Suchender, nicht um zu finden, sondern um die Neugier in Flammen zu halten. Ein Betrachter, der seine Betrachtungen für andere durch Kunst zugänglich macht. Und ich bin ein stolzer Papa!

Rijana Tresnjic (ÖSZ):
Du lebst nun seit 2014 in Österreich, hast seither drei Bücher und einen Gedichtband verfasst und publizierst auf Deutsch. Außerdem bist du Poetry Slammer. Ist es schwer, Emotionen in einer anderen Sprache auszudrücken, die nicht die eigene Muttersprache ist?

Omar Khir Alanam:
Jetzt bin ich in der Phase, wo ich das Gegenteil behaupte. Manchmal fällt es mir viel leichter, die Emotionen in der "fremden“ Sprache, die ja jetzt auch „meine“ Sprache ist, auszudrücken. Diese Sprache ist jetzt zu meiner Sprache geworden, obwohl ich nicht mit ihr aufgewachsen bin. Durch diese Distanz ist man sich selbst näher.

Rijana Tresnjic (ÖSZ):
Das heurige Motto des Europäischen Tags der Sprachen lautet “Mehrsprachige Lesewelten entdecken”. Siehst du Lesen in mehreren Sprachen als eine Bereicherung? Liest du selbst gerne in anderen Sprachen?

Omar Khir Alanam:
Ich finde, es ist eine Bereicherung, in mehreren Sprachen lesen und sprechen zu können. Es bedeutet auch immer, die Welt mit anderen Augen zu sehen oder zu betrachten. Aber wenn ich in einer anderen Sprache lesen will, muss ich sie nicht nur beherrschen, sondern auch ein Gefühl für sie entwickeln und da ist es ein großer Vorteil, dort zu leben, wo diese Sprache gesprochen wird.

Rijana Tresnjic (ÖSZ):
Was zeichnet syrische Geschichten aus? Gibt es Ähnlichkeiten zur österreichischen Erzählkultur?

Omar Khir Alanam:
Gibt es in Österreich eine Erzählkultur? (schmunzelt) Die habe ich hier nicht erlebt, ich bin aber in einer aufgewachsen. Hier in Österreich werden Bücher eher nur gelesen. Als Kind in Syrien wurden mir keine Bücher vorgelesen, sondern Geschichten erzählt, überall: daheim, am Markt, bei den Großeltern. Man erzieht durch die Geschichte, man vermittelt, bringt Menschen zusammen, versöhnt, und das war immer das Ziel einer Erzählung.

Rijana Tresnjic (ÖSZ):
Du bist Vater eines kleinen Jungen. In welchen Sprachen sprichst du mit deinem Kind und wie sieht deine sprachliche Erziehung aus?

Omar Khir Alanam:
Naël, unser Sohn, wächst dreisprachig auf: Arabisch, Deutsch und Steirisch! Ich spreche mit ihm ausschließlich Arabisch, seine Mama Deutsch und die Oma Steirisch. (lacht) Dadurch, dass er viel mehr Deutsch erlebt, auch wenn er mit mir unterwegs ist, weil ich mit anderen Menschen auch in seiner Umgebung Deutsch spreche, weiß er, dass ich Deutsch kann. Deshalb antwortet er immer auf Deutsch, obwohl er Arabisch versteht. Ich wünsche mir, ihm von klein auf die Möglichkeit der arabischen Sprache in Graz anbieten zu können, ohne ihn in die Moschee oder an einen religiösen Ort schicken zu müssen. Ich wünsche mir von meiner Stadt mehr Angebote, egal um welche Sprache es geht, das ist immer eine Bereicherung und ein Gewinn!